Zunehmender Fokus auf psychische Gesundheit im Berufsleben
In unserer schnelllebigen Welt wächst die Relevanz psychischer Erkrankungen im Alltag stetig an. Besonders im Berufsleben können wir eine deutliche Zunahme der Bedeutung psychischer Gesundheit feststellen. Diese Entwicklung wurde durch globale Ereignisse, wie die Covid-19 Pandemie, noch verstärkt. Eine Studie der europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) enthüllt alarmierende Zahlen: 44% der Arbeitnehmer in der EU berichten von erhöhtem Stress seit der Pandemie. Doch es sind nicht nur die individuellen Herausforderungen, die uns Sorgen bereiten sollten.
Zahlreiche Umfragen und Studien belegen, dass die Prävalenz psychischer Erkrankungen kontinuierlich steigt und damit auch Unternehmen zunehmend belastet. Der Psychreport 2023 der DAK zeigt einen signifikanten Anstieg der Arbeitsausfälle wegen psychischer Erkrankungen um 48 Prozent im Zehn-Jahres-Vergleich. Besonders auffällig: Depressionen sind der Hauptgrund für Krankschreibungen mit 118 Fehltagen je 100 Versicherten. Jedes Jahr erreichen die Krankmeldungen aufgrund psychischer Erkrankungen einen neuen Höchststand – 2022 waren es 301 Fehltage je 100 Personen.
Diese Zahlen verdeutlichen, wie entscheidend es ist, ein positives Arbeitsklima zu schaffen und arbeitsbedingte psychische Belastungen zu minimieren. Doch dies ist nicht nur eine Frage der Unternehmenskultur oder -ethik. Arbeitgeber sind gesetzlich dazu verpflichtet, für das mentale Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter zu sorgen.
Gesetzliche Grundlagen: Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen
Seit 2013 ist im § 5 Abs. 6 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) die Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungsfaktoren fest verankert. Gemäß §§ 5 und 6 des ArbSchG muss jeder Arbeitgeber eine solche Beurteilung für jeden Betrieb erstellen und auch dokumentieren.
Diese gesetzliche Anforderung unterstreicht, dass eine Trennung von physischen und psychischen Belastungsfaktoren im Arbeitsschutz nicht mehr möglich ist. Die psychische Gefährdungsbeurteilung muss stets aktuell gehalten werden, was bedeutet, dass Arbeitgeber sie regelmäßig überprüfen und bei Bedarf anpassen müssen. Eine einmalige Durchführung genügt hier also nicht.
Darüber hinaus trägt der Arbeitgeber eine umfassende Fürsorgepflicht für seine Mitarbeitenden. Laut BGB § 618 Abs. 1 muss der Arbeitgeber nicht nur die körperliche, sondern auch die psychische Gesundheit seiner Angestellten schützen. Dies beinhaltet auch den Schutz vor psychischen Belastungen, was die Wichtigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes für die Gesundheit am Arbeitsplatz untermauert.
Was sind psychische Belastungen? Einblicke in die Arbeitsbedingungen
Bei der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz liegt der Fokus nicht auf der individuellen psychischen Verfassung der Beschäftigten. Stattdessen konzentriert sich die Bewertung auf die Arbeitsbedingungen selbst, um potenzielle psychische Belastungen zu identifizieren und, wo möglich, zu eliminieren oder zu minimieren. Es geht hierbei also um allgemeine Faktoren, die aus der betrieblichen Organisation oder den Kommunikationsstrukturen resultieren, nicht um persönliche Belastungen oder Einzelfälle.
Doch was ist gemeint mit psychischen Belastungen? Psychische Belastungen sind Einflüsse am Arbeitsplatz, die Denken, Fühlen und Verhalten der Beschäftigten beeinflussen können. Beispiele hierfür sind Personalmangel, mangelhafte Arbeitsorganisation, ungünstige Arbeitszeiten, ein schlechtes Betriebsklima, Umstrukturierungen oder die Angst vor Arbeitsplatzverlust. Wichtig zu verstehen ist, dass in der Wissenschaft der Begriff „Belastung“ neutral verwendet wird und nicht per se negativ ist.
Die spezifischen psychischen Belastungen können je nach Branche, Betrieb und Tätigkeit stark variieren, weshalb eine individuelle und professionelle Begutachtung notwendig ist. Es ist zudem anzumerken, dass psychische Belastungen auch körperliche Auswirkungen, wie Rückenleiden, Kopfschmerzen oder Magen-Darm-Beschwerden haben können.
Die Auswirkungen der psychischen Belastungen auf den Einzelnen, auch psychische Beanspruchung genannt, hängen von individuellen Voraussetzungen und verfügbaren Ressourcen der Person ab. Dies bedeutet, dass gleiche psychische Belastungen auf verschiedene Personen unterschiedliche Wirkungen haben können.
Die alarmierende Zunahme psychischer Erkrankungen am Arbeitsplatz
Die Relevanz psychischer Belastungen am Arbeitsplatz kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Laut einer Analyse der DAK Gesundheit zum Krankenstand 2019 sind bereits 17% aller Krankmeldungen auf psychische Erkrankungen zurückzuführen, mit einer durchschnittlichen Ausfallzeit von 35,4 Tagen. Besonders auffällig ist der Anstieg psychischer Erkrankungen bei jungen Arbeitnehmern zwischen 24 und 29 Jahren, wie der Psychreport 2023 der DAK belegt.
Die zunehmende Bedeutung psychischer Erkrankungen in der Gesellschaft spiegelt sich auch im Arbeitsleben wider. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Arbeitswelt stark verändert: Während schwere körperliche Arbeiten abnehmen, wachsen die geistigen und nervlichen Beanspruchungen in einer sich schnell verändernden und mehr fordernden Arbeitswelt . Da wir etwa ein Drittel unseres Tages mit Arbeit verbringen, ist es essentiell, psychische Störfaktoren am Arbeitsplatz zu minimieren und ein positives Arbeitsklima zu fördern.
Alarmierend ist auch der Anstieg von Burnout-Erkrankungen. Laut AOK gab es 2022 durchschnittlich 159,8 Arbeitsunfähigkeitstage je 1.000 Mitglieder aufgrund einer Burn-out-Diagnose – ein Anstieg um mehr als 50 Prozent im letzten Jahrzehnt. Hinzu kommt, dass fast ein Drittel an Muskel-Skelett Erkrankungen, welche den größten Teil der Krankschreibungen ausmachen, tatsächlich auf psychische Belastung zurückgehen, ein Phänomen der psychosomatischen Rückenschmerzen. Die Nachwirkungen der Pandemie und aktuelle weltweite Krisen belasten die Psyche zusätzlich.
Hinzu kommen Arbeitsbelastungen wie Personalmangel und hoher Leistungsdruck. 2022 waren fast die Hälfte der neuen Erwerbsminderungsrenten auf psychische Störungen zurückzuführen, mit einer steigenden Tendenz laut Statistik der Deutschen Rentenversicherung.
Zudem sei erwähnt, dass arbeitsbedingte psychische Belastungen immense Kosten verursachen. Ein Gutachten der Hans-Böckler Stiftung bezifferte diese bereits 2008 auf fast 30 Milliarden Euro jährlich – eine Zahl, die heute sicherlich deutlich übertroffen wird. Dies unterstreicht, dass betriebliche Präventionsprogramme nicht nur aus humanitärer Sicht, sondern auch wirtschaftlich unverzichtbar sind.
Die Notwendigkeit betrieblicher Maßnahmen gegen psychische Belastungen
Die Wichtigkeit von Maßnahmen gegen psychische Belastungen am Arbeitsplatz kann nicht genug betont werden, besonders wenn Anzeichen wie gesunkene Motivation oder ein Anstieg der Krankmeldungen sichtbar werden. Unadressierte psychische Belastungen können gravierende Folgen haben, darunter Depressionen, Angststörungen oder andere Verhaltensänderungen. Mobbing und Burnout zählen zu den bekanntesten und schwerwiegendsten Folgen psychischer Fehlbelastungen am Arbeitsplatz.
Ein grundlegender Ansatz in diesem Bereich ist die Verhältnis- vor Verhaltensprävention. Dies bedeutet, dass zunächst die Arbeitsverhältnisse so gestaltet werden sollten, dass psychische Belastungen vermieden und gleichzeitig die Ressourcen der Mitarbeitenden gefördert werden. Eine Studie der IFBG in Kooperation mit der TK und Haufe aus dem Jahr 2023 zeigt, dass 38,5 Prozent der befragten Führungskräfte, Gesundheitsverantwortlichen und Personalverantwortlichen psychische Belastungen am Arbeitsplatz, wie Burnout, Überforderung und Depressionen, als eines der wichtigsten Themen in ihren Unternehmen ansehen.
Diese Erkenntnisse unterstreichen, dass die Auseinandersetzung mit psychischen Belastungen am Arbeitsplatz nicht nur eine Frage der Fürsorge, sondern auch eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit ist. Aktive Maßnahmen zur Verbesserung des psychischen Wohlbefindens der Mitarbeitenden sind somit unerlässlich für ein gesundes und produktives Arbeitsumfeld.
Die entscheidende Rolle des Betriebsrats bei psychischen Belastungen
Die Relevanz psychischer Belastungen am Arbeitsplatz und die Verantwortung für ihre Beurteilung und Minderung können nicht genug betont werden. Während der Arbeitgeber primär für die Gefährdungsbeurteilung verantwortlich ist, spielt der Betriebsrat hierbei eine entscheidende Rolle.
Gemäß § 87 (Abs. 1) Nr. 7 des Betriebsverfassungsgesetzes hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht und sollte sein Initiativrecht nutzen, um sich aktiv an der Gestaltung der psychischen Gefährdungsbeurteilung zu beteiligen. Diese Beteiligung erstreckt sich nicht nur auf die Auswahl der Methoden unter Berücksichtigung des Datenschutzes, sondern auch auf die Einbindung beteiligter Dritter und die Planung nachgelagerter Maßnahmen.
Besonders wichtig ist, dass, wenn die Gefährdungsbeurteilung an externe Dritte delegiert wird, der Betriebsrat ein Mitspracherecht darüber hat, welche Qualifikationen diese Personen aufweisen müssen. Dies ist in § 80 Abs. 1 Nr. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes festgelegt. Zu beachten ist, dass bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorgaben zur psychischen Gefährdungsbeurteilung der Arbeitgeber durch den Betriebsrat sogar rechtlich belangt werden kann. Diese Regelung verstärkt die Dringlichkeit, mit der Unternehmen psychische Belastungen am Arbeitsplatz ernst nehmen und aktiv angehen müssen. Der Betriebsrat fungiert hierbei als wichtiger Akteur, der die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen überwacht und die Interessen der Beschäftigten vertritt. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Betriebsräten ist somit essenziell, um ein gesundes und förderliches Arbeitsumfeld zu schaffen und zu erhalten.
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